DMYV unterstützt Hochschule bei der Forschung zur Herstellung alternativer Kraftstoffe

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In dem in Hamburg entwickelten neuen Verfahren wird in einem zweistufigen Prozess aus verunreinigtem Altfett ein Bio-Öl destilliert und anschließend ein hochwertiger, reiner Dieselkraftstoff erzeugt. (Alle Fotos: C. Schneider / DMYV)

Der Deutsche Motoryachtverband e.V. (DMYV) fördert die Erforschung der Entwicklung alternativer Kraftstoffe mit einer Spende von 5000,-€ für die Anschaffung eines Labor-Reaktors für die Untersuchung neuer Rohstoffe für die Forschungsgruppe Verfahrenstechnik an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg.

Vor dem Hintergrund der Herausforderungen des Klimawandels ist auch der motorisierte Wassersport gefordert, Lösungen zu finden, die den Eintrag von zusätzlichem CO2 in die Atmosphäre verringern. Synthetische Kraftstoffe wie Hydrotreated Vegetable Oil (HVO) sind hier eine mögliche Alternative zu fossilen Dieselkraftstoffen, und können ein Lösungsansatz sein, um die große Bestandsflotte der mit Dieselmotor angetriebenen Boote in Zukunft CO2-neutraler betreiben zu können. Die Verwendung von HVO-Diesel als Kraftstoff ermöglicht es, den Eintrag zusätzlichen CO2s in die Atmosphäre in der Gesamtbilanz um bis zu 90 Prozent gegenüber fossilem Diesel zu verringern, da nachwachsende, natürliche Rohstoffe für die Kraftstoffgewinnung verwendet werden.

Hamburger Forschungsgruppe entwickelt neues Verfahren zur HVO-Herstellung

An der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) hat ein engagiertes Team von wissenschaftlichen Mitarbeitern, Doktoranden, studentischen Hilfskräften, Studierenden und Technikern der Forschungsgruppe Verfahrenstechnik unter der Leitung der Professorin für Thermische Verfahrenstechnik Prof. Dr. Anika Sievers und dem Professor für Verfahrenstechnik Dr.-Ing. Thomas Willner eine Pilotanlage zur hocheffizienten Umwandlung von Abfällen in einen klimaneutralen Erdölersatz, der mit wenig Aufwand z. B. in HVO aufbereitet werden kann, entwickelt und gebaut. Unterstützt wird die Entwicklung von der Firma Nexxoil, die eine Ausgründung aus der HAW Hamburg ist und intensiv an Planung und Auslegung einer ersten kommerziellen Demonstrationsanlage bei einem Kunden arbeitet.

Neu an dem in Hamburg entwickelten sog. Reactive Distillation-Power to Liquid (READi-PtL)-Verfahren zur Herstellung von HVO-Diesel ist der zweistufige Herstellungsprozess, der im Vergleich zum etablierten einstufigen Standard-Verfahren deutlich energieeffizienter ist z. B. durch Absenkung des Wasserstoffbedarfs um etwa 50 % und durch Reduktion des Strombedarfs im Falle des Einsatzes grünen Wasserstoffs um etwa ein Drittel.

Prof. Dr.-Ing. Willner erklärt: „Die hohe Effizienz bewirkt zum einen, dass der Prozess in vergleichsweise kleinen, dezentralen Anlagen wirtschaftlich betrieben werden kann. Dadurch kann die Wertschöpfung im Rahmen von mittelständischen Betrieben vor Ort bleiben und die Anlagenkapazitäten können an die regional anfallenden Abfallmengen angepasst werden, was den Transportaufwand minimiert. Auf diese Weise ist auch der Nachweis der Herkunft der Rohstoffe stets gewährleistet. Zum anderen minimiert die hohe Effizienz den Strombedarf für die Mobilität, was für die Energiewende von entscheidender Bedeutung ist, da der Ausbau des erneuerbaren Stroms schon heute nicht mit dem wachsenden Strombedarf Schritt halten kann. Ein Rechenbeispiel zeigt dies deutlich: So benötigt die HVO-Herstellung zukünftig selbst im Falle des Einsatzes grünen Wasserstoffs nur etwa 1 kWh Strom pro Liter HVO. Ein Dieselauto der Kompaktklasse würde bei einem Verbrauch von rund 5 Liter HVO pro 100 km also den spezifischen Strombedarf auf nur rund 5 kWh Strom pro 100 km absenken. Ein batterieelektrisches Auto der gleichen Größenklasse würde drei- bis fünfmal so viel Strom benötigen.“

Derzeit arbeitet das Forschungsteam daran, dass in Zukunft auch Abfallstoffe wie Holz, Stroh und sogar Plastikabfälle wie z. B. die Inhalte der gelben Säcke oder Tonnen für die Herstellung synthetischer Kraftstoffe nach diesem Verfahren genutzt werden können. Um dafür innerhalb des Verfahrens technisch die richtigen Weichen stellen zu können, ist eine Erprobung der Rohstoffe notwendig, für die der Labor-Reaktor, dessen Anschaffung der DMYV jetzt mit seiner Spende fördert, wichtig ist.

Prof. Dr. Anika Sievers von der Forschungsgruppe Verfahrenstechnik an der HAW Hamburg führte DMYV-Präsident Frank Dettmering und DMYV-Präsidiumsmitglied und Leiter des DMYV-Referates Umwelt/ Raumordnung/ Infrastruktur, Dipl. Ing. Helmut von Veen durch die Labore und Werkstätten der HAW am Standort Bergedorf und erklärte das hier entwickelte effiziente Verfahren zur Erzeugung von HVO-Diesel.
Vereinbarten eine Partnerschaft, um die Erforschung alternativer Kraftstoffe zu fördern: v.li.: DMYV-Präsident Frank Dettmering, Prof. Dr. Ing. Thomas Willner, HAW Hamburg, Helmut von Veen, DMYV-Präsidiumsmitglied und Referatsleiter Umwelt/ Raumordnung/ Infrastruktur.
DMYV-Präsidium informiert sich aus erster Hand

Der Deutsche Motoryachtverband möchte diese Forschungsgruppe unterstützen, um CO2-neutrale Antriebs-Alternativen für die Freizeitschifffahrt zu fördern. DMYV-Präsident Frank Dettmering und der Leiter des Referates Raumordnung / Umwelt / Infrastruktur, Dipl. Ing. Helmut von Veen ließen sich am Standort der Pilotanlage am HAW-Standort in Hamburg Bergedorf von Herrn Prof. Dr. Willner und Frau Prof Dr. Sievers aus erster Hand informieren, worum es bei dem neuen Verfahren geht, und wie es funktioniert.

DMYV-Präsident Frank Dettmering war nach der gut zweistündigen Führung und Präsentation der Anlage und der Forschungslabore beeindruckt: „Hier wird ein pragmatischer Ansatz gezeigt, der dazu beitragen könnte, den Betrieb der großen Bestandsflotte von Booten mit einem Dieselmotor weitestgehend CO2-neutral zu ermöglichen. Das liegt im Interesse der Bootsfahrer und sollte daher unterstützt werden.“

Helmut von Veen, Leiter des Umweltreferates des DMYV und Präsidiumsmitglied bestätigt: „Hier wird praktische Entwicklungsarbeit mit greifbaren Ansätzen betrieben, die vollkommen ideologiefrei zeigt, was möglich ist, um den Menschen Perspektive aufzuzeigen, ihre Boote auch in der Zukunft ohne funktionale Einschränkungen betreiben zu können, und dabei negative Einflüsse auf die Umwelt und das Klima zu minimieren.“

Prof. Dr. Sievers freut sich über die Unterstützung: „Die Spende des DMYV ermöglicht es uns, ein wichtiges Gerät zur Rohstoffuntersuchung anzuschaffen, um die Entwicklung des Verfahrens weiter voranzutreiben. Wir freuen uns, dass der DMYV uns hier unterstützt und so großes Interesse an unserer Arbeit zeigt.“

Prof. Dr. Ing. Willner ergänzt: „HVO-Dieselkraftstoff kann bei richtiger politischer Weichenstellung ein wichtiger Baustein sein, um die Mobilität auf dem Wasser und natürlich auch an Land CO2-neutraler zu gestalten. Es bietet sich als schnell umsetzbare Lösung für eine große Zahl an Bestandsfahrzeugen und Booten an. Der DMYV hat das erkannt und trägt durch seine Unterstützung seinen Teil dazu bei, praktische Lösungsmöglichkeiten für mehr Klima- und Umweltschutz zu fördern.“

Praktische Vorteile von HVO-Diesel gegenüber fossilem Brennstoff im Schiffsbetrieb

Die Vorteile des HVO-Diesels liegen auch im Schiffsbetrieb auf der Hand. Das haben Praxis-Tests des DMYV und der Fachpresse in der Vergangenheit bereits erwiesen. Der Kraftstoff erfüllt die Anforderungen der DIN EN 15940 für paraffinische Dieselkraftstoffe, ist bei der Verbrennung in seiner Gesamtbilanz bis zu 90 Prozent klimaneutral und kann so eine unkomplizierte Lösung für die große Bestandsflotte an Sportbooten mit Dieselmotor sein. Die bestehende Tankstellen-Infrastruktur kann weiter genutzt werden, technische Änderungen an Bord sind i.d.R. nicht notwendig.

Geringerer Dieselgeruch, eine fast rußfreie Verbrennung, ein ruhigerer Motorlauf, geringere Ablagerungen im Motor, dadurch längere Ölwechselintervalle, schonen zudem die Nerven der Crew und die Umwelt. Hinzu kommt die Resistenz vor der gefürchteten Dieselpest. Diese Vorteile rechtfertigen sogar einen geringen Mehrpreis des Kraftstoffs, denn über die verlängerten Ölwechselintervalle und den Entfall der Notwendigkeit von Additiven gegen Dieselpest werden an anderer Stelle wieder Kosten eingespart. Zahlreiche renommierte Motorenhersteller wie z. B. Volvo Penta haben den HVO-Dieselkraftstoff, bereits seit längerem für die Verwendung in einem breiten Spektrum an Dieselmotoren freigegeben. In zahlreichen Ländern ist der Kraftstoff verfügbar und wird im täglichen Betrieb genutzt.

Die Nutzung von HVO-Diesel kann damit neben weiteren alternativen Antriebsformen ein wichtiger Baustein sein, um die motorisierte Sportschifffahrt gerade in Bezug auf die große Bestandsflotte umweltverträglicher und klimafreundlicher betreiben zu können.


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